August Vogel: Kaiser Barbarossa,

Rathaus Hamburg


August Vogel wurde 1859 in Flensburg geboren. Als ein wichtiger deutscher Bildhauer und Medailleur war er unter anderem an der Ausgestaltung und Dekoration vieler Berliner Fassaden, zum Beispiel auch des Reichstagsgebäudes, beteiligt. Für das Hamburger Rathaus schuf er nicht nur die Figur des Barbarossa, sondern auch die Marmorstatuen „Gerechtigkeit“ und „Gnade“. Er war Mitglied der Preußischen Akademie der Künste Berlin. August Vogel verstarb 1932 in Berlin und wurde auf dem Friedhof Heerstraße beigesetzt, das Grab wurde 2005 abgeräumt.


Standbild Kaiser Barbarossa

Das alte Hamburger Rathaus brannte 1842 ab. Schon an diesem Bau befanden sich Figuren von Kaisern und Königen aus Naturstein, die sich heute im Museum der Stadt Hamburg befinden. Nach vielen Anläufen und Architekturwettbewerben ohne Einigung ergriff der Architekt Martin Haller gemeinsam mit weiteren Architekten die Initiative und legte umfangreiche Entwürfe für ein neues Rathaus vor, die die Vertreter der Stadt überzeugten. 1886 konnte der Grundstein für den Neubau auf dem Gelände von zwei alten Klöstern gelegt werden. 1897 wurde das Rathaus, gebaut im Stil der Neorenaissance, eingeweiht.

Rathaus Hamburg um 1930; historische Postkarte, Stiftung Kunstgussmuseum Lauchhammer, Archiv

Die Vorderfassade zwischen den Fensternischen schmücken neben zahlreichen weiteren plastischen Arbeiten und Dekorationen 20 überlebensgroße Figuren von Kaisern und Königen der Deutschen Geschichte, jede in Bronze gegossen und etwa 600 kg schwer. Die Figuren der „Tapferkeit“, „Frömmigkeit“, „Eintracht“ und „Klugheit“, ebenfalls aus Bronze, sind über den Kaisern und Königen angeordnet – ein Hinweis der Hansestadt auf die Freiheit und Unabhängigkeit von der Krone. Der Entwurf und die akribischen Zeichnungen der Fassaden sind dem Architekten Grotjan zu verdanken, welcher durch seine herausragenden zeichnerischen Qualitäten den Baumeistern und Bildhauern auch die Vorlagen und Hinweise für ihre Ausführungen lieferte. Alle Figuren aus Bronze und auch zahlreiche bildhauerische Arbeiten im Inneren des Hauses wurden in den Jahren 1893 bis 1897 in Lauchhammer gegossen. Größere Mengen von Sandstein für den Bau stammen aus dem sächsischen Oberkirchen und Schöna. Sogar die Stahlkonstruktion der Dächer oblag den Lauchhammerwerken.

Friedrich Barbarossa verdanken die Hamburger den Freibrief von 1189. Sein Standbild steht an elfter Stelle rechts neben dem Balkon der Vorderfassade zwischen zwei Säulen auf einem Sockel aus Stein mit quadratischem Grundriss und einer bronzenen Tafel mit der Inschrift „Friedrich der Rotbart 1152-1190“. Diesen exponierten Platz teilt er sich mit Karl dem Großen, welcher als Gründer der Stadt Hamburg angesehen wird. Seine Figur steht links vom Balkon. Beide Figuren sind mit ca. 2,50 m und 700 kg Gewicht etwas größer und schwerer als alle anderen 18. Im Katalog der Gießerei wird eine Fertigstellung des Friedrich Barbarossa für das Jahr 1893 erwähnt, der Guss der ersten 18 Figuren war früher. Karl der Große wurde in diesem Verzeichnis nicht explizit erwähnt, vielleicht ein ungewolltes Versäumnis bei der Herstellung des Kataloges.

Barbarossa ist in voller Rüstung als Kreuzritter mit seinem typischen langen zweigeteilten Bart, Helm, Kettenhemd und Umhang dargestellt. An seiner linken Seite befinden sich ein Schwert und ein Schild, in seiner rechten Hand hält er eine Schriftrolle – hier ist wohl der Freibrief dargestellt. Der Kaiser hat eine ganz leicht gedrehte Haltung, das rechte Bein ist das Standbein, das linke ist locker gewinkelt und steht auf einem Kissen mit Quaste. Er blickt sein Gegenüber direkt, sicher und offen an, insgesamt strahlt er große Ruhe bei gleichzeitiger großer Aufmerksamkeit und Entschlossenheit aus.

Karl der Große und Barbarossa vor der Auslieferung; Foto: Stiftung Kunstgussmuseum Lauchhammer, Archiv

Vor dem 100. Geburtstag des Rathauses 1997 wurde renoviert. Auch die Bronzeplastiken der Außenfassade wurden aufwändig von den Spuren der Zeit befreit. Es gelang 1994, Paten für die Kaiser und Könige zu finden, die die Kosten von 75000 Deutschen Mark pro Figur übernahmen. Die Restauratorin Betina Roß führte die Regie über die Arbeiten. So kehrten fünf Kaiser an ihren Ursprungsort Lauchhammer zur Restaurierung zurück, darunter auch Barbarossa. Die schmutzige Schicht der Jahre wurde entfernt und die kupfergrüne Patina wieder freigelegt. Eine Schutzschicht aus Wachs soll die erneute Verschmutzung weitgehend verhindern.

Barbarossa und Karl der Große während der Restaurierung im Hof der Kunstgießerei;

Foto: Stiftung Kunstgussmuseum Lauchhammer


Kaiser Friedrich Barbarossa

Friedrich I. Barbarossa (1122-1190) war von 1155 bis 1190 Kaiser des römisch-deutschen Reiches. Bereits vor seiner Krönung nahm er am Kreuzzug Konrad III. teil. Beim Versuch eines zweiten Kreuzzuges ertrank Barbarossa in Armenien. Es gibt keine erhaltene Grabstätte. Seinen geläufigen Beinamen Barbarossa, italienisch für „roter Bart“, gab man ihm erst später. Im 19. Jahrhundert wurde Friedrich I. in Deutschland zu einem nationalen Mythos, den viele künstlerische Darstellungen und romantische Dichtungen befeuerten. Mit der Sage vom Kaiser, der im Kyffhäuser schläft und auf seine Zeit wartet, verband sich die Hoffnung der Deutschen auf eine nationale Einheit. Seine Herrschaft war von der Erhaltung des „Honor imperii“, der „Ehre des Reiches“, geprägt, welche im 12. Jahrhundert Ursache vieler kriegerischer Auseinandersetzungen war, weit weniger wurden politische Ziele verfolgt. Barbarossa zog diplomatische Verhandlungen vor, doch die zu seiner Zeit üblichen Verhaltensweisen der Machtausübungen waren kriegerischer Art.

Statue „Barbarossa“; Foto: Tobias Lück, 2021


Antje Bräuer