Johannes Friedrich Rogge: Thomas Müntzer
Johannes Friedrich Rogge wurde am 5. April 1898 als Sohn des akademischen Malers Adalbert Rogge in Berlin geboren. Er zeigte anfänglich wenig Interesse an der Kunst und studierte seit 1916 zunächst Philosophie und Literatur in Berlin und Jena, wo er 1921 mit einer Arbeit über Schopenhauer promovierte. 1922 begann er sich der Malerei zuzuwenden, ab 1924 arbeitete er in dem Atelier des Berliner Bildhauers Paul Türpe. Auf der „Großen Berliner Kunstausstellung“ debütierte er 1930 mit einer überlebensgroßen Statue von Mary Wigman. 1937 – 1943 schuf er zahlreiche Portraitplastiken von Staatsmännern im Dritten Reich. 1943 wurde sein Atelier in Berlin zerstört. Seit 1946 lebte er bei Dresden. Seine erste größere Auftragsarbeit war die Alexander Puschkin-Büste für Weimar (1949). Von 1951 stammt die erste von einem deutschen Bildhauer geschaffene Lenin-Statue für eine Werkzeugfabrik im thüringischen Königsee. In den Folgejahren entstanden zahlreiche Ehrenmale, Denkmäler und Portraitbüsten. Rogge verstarb am 7. Juni 1983 in Dresden.
Die Thomas Müntzer-Büste
Friedrich Rogge hatte 1952 eine Portraitbüste von Thomas Müntzer geschaffen, eine 52cm große Ausführung in Eisenguss war 1953 auf der Dritten Deutschen Kunstausstellung in Dresden zu sehen. Dieses erste Exemplar, gegossen in der Dresdener Gießerei Pirner & Franz, kaufte das Museum für Deutsche Geschichte in Berlin (MfDG), das heutige Deutsche Historische Museum an. Ausgestellt war sie u.a. auf der großen Bauernkriegsausstellung 1955 im MfDG. Von 1989 bis 2016 stand diese Eisenguss-Büste als Leihgabe in der Zentralen Gedenkstätte Mühlhausen. (In den Jahren 1954 bis 1989 befand sich dort bereits ein Gipsabguss desselben Modells, der 1954 ebenfalls vom MfDG erworben worden war.)
1952 wurde ebenfalls in der Dresdener Gießerei ein etwas kleinerer Bronzeguss erstellt, der sich bis zum Tod in Rogges Atelier befand (51cm, heute im Rogge Museum).
Abb. 1: J.F. Rogge in seinem Atelier, links im Hintergrund die Thomas Müntzer-Büste, 1956
(Nachlass J.F. Rogge; © G. Lieser, Rogge-Museum, Klettstedt)
Modell der Thomas Müntzer-Büste im Kunstgussmuseum
Im Kunstgussmuseum befindet sich das 52,5cm große Gipsmodell einer Büste von Thomas Müntzer.
Abb.2: Das überlebensgroße Modell der Thomas Müntzer-Büste im Kunstgussmuseum
(Foto: Tino Winkelmann, 2019)
Anlässlich des 450sten Todestages Müntzers wurden mindestens vier Müntzer-Büsten in der Gießerei Lauchhammer gegossen. In diesem Zusammenhang wird um 1975 auch das Gipsmodell im Kunstgussmuseum nach dem ursprünglichen Entwurf von 1952 entstanden sein.
Einer dieser Abgüsse befindet sich in dem Museum Alte Münze in Stolberg, dem Geburtsort vom Thomas Müntzer.
Abb. 3: Thomas Müntzer Büste in der Alten Münze in Stolberg(CC BY-NC-SA 4.0; Museen der Stadt Stolberg (Harz) / Katharina Lücke)
Weitere Bronzeabgüsse wurden 1975 im Zwickauer Rathaus und in Burg Schönfels im Landkreis Zwickau aufgestellt. In Müntzers Sterbeort Mühlhausen steht ein Bronzeabguss in der Karl-Marx-Straße vor der Thomas-Müntzer-Schule. Dieser Abguss wurde am 27. Mai 1977, dem 452. Todestag Müntzers, eingeweiht.
Zur Person Thomas Müntzer
Der Theologe und Reformator Thomas Müntzer (auch: Münzer) wurde um 1488/89 in Stolberg geboren. Nach dem Studium in Leipzig und Frankfurt/Oder wurde er 1513 zum Priester geweiht. Als er sich in Wittenberg aufhielt, kam er mit den Ideen Luthers und der Reformation in Berührung, dessen Anhänger er zunächst war. Später wurden Müntzers reformatorische Bestrebungen zunehmend radikaler. Er prangerte die sozialen Missstände so scharf an, dass er mehrfach seine Stellung verlor.
Der „Deutsche Bauernkrieg“ begann 1524 im süddeutschen Sprachraum mit lokalen Aufständen, die sich rasch zu überregionalen Erhebungen ausweiteten und Anfang 1525 das heutige Thüringen erreichten. Zu diesem Zeitpunkt war Thomas Müntzer Pfarrer an der Marienkirche in Mühlhausen. Eine der größten Schlachten der Bauernkriege war die Schlacht bei Frankenhausen am 15. Mai 1525, bei der die Bauern unter der Führung Müntzers eine vernichtende Niederlage erlitten. Müntzer wurde anschließend gefangen genommen, gefoltert und am 27. Mai 1525 in Mühlhausen öffentlich enthauptet.
Wie Thomas Müntzer tatsächlich ausgesehen hat, ist nicht überliefert. Die älteste Darstellung Müntzers ist ein Kupferstich von Christoph van Sichem, der allerdings erst 1608, also erst mehr als 80 Jahre nach Müntzers Tod, entstanden ist. Zudem wurde dieser Stich in einem sog. Ketzerheft veröffentlicht und sollte die Dargestellten nicht portraitieren, sondern eher abwerten. Obwohl es sich bei der Darstellung nicht um ein historisch verbürgtes Portrait handelt, beeinflusste dieser Stich alle späteren Müntzer-Darstellungen maßgeblich.
Abb. 4: Christoph van Sichem: Thomas Müntzer, Kupferstich 1608
(PD-Old; https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/af/Thomas_Muentzer.jpg)
Nicola Vösgen