Nicola Vösgen

 

Ernst Rietschel: Johann Friedrich Trautschold

 

Ernst Rietschel wurde am 15. Dezember 1804 in Pulsnitz bei Dresden als Sohn eines Handschuhmachers geboren. Seine künstlerische Begabung zeigte sich früh und er erhielt 1820 eine Freistelle an der Königlichen Sächsischen Kunstakademie in Dresden. Detlev Graf von Einsiedel, der Eigentümer der Lauchhammer Eisenwerke, wurde auf den jungen Künstler aufmerksam und wollte ihn als Modelleur für die Gießerei anwerben. Mit seiner Unterstützung konnte er Unterricht bei dem sächsischen Hofbildhauer Franz Pettrich nehmen. Graf von Einsiedel war es auch, der Rietschel im November 1826 in das Atelier von Christian Daniel Rauch nach Berlin vermittelte. Nachdem Rietschel 1832 eine Professur für Bildhauerei an der Dresdner Kunstakademie erhalten hatte, kehrte er nach Dresden zurück. Er führte zahlreiche bauplastische Arbeiten und Denkmäler v.a. in Dresden, aber auch in Leipzig, Weimar, Braunschweig und Berlin aus. Eine seiner bedeutendsten Arbeiten war das Luther-Denkmal in Worms, damals die größte Denkmalanlage weltweit, deren Modell sich im Kunstgussmuseum Lauchhammer befindet. Zusammen mit Ernst Julius Hähnel begründete er den Ruf der spätklassizistischen Dresdner Bildhauerschule. Rietschel verstarb am 21. Februar 1861 und wurde auf dem Trinitatisfriedhof in Dresden beigesetzt.


Johann Friedrich Trautschold (8. Juli 1773- 5. Mai 1842)

 

Nachdem Ernst Rietschel 1832 Albertine Trautschold geheiratet hatte, war deren Vater, Johann Friedrich Trautschold, der Schwiegervater von Rietschel.

 

Abb. 1: Gipsbüste des Johann Friedrich Trautschold im Kunstgussmuseum Lauchhammer

(Foto: Tino Winkelmann, KGML, 2017)

 

Das Gipsmodell von Trautschold modellierte Rietschel 1840. Möglicherweise war diese Arbeit ein Auftrag des Grafen von Einsiedel, der seinen langjährigen und im Vorjahr in den Ruhestand verabschiedeten Mitarbeiter damit auszeichnen wollte; ebenso gut denkbar ist es, die familiären Bindungen als Anlass zu vermuten.

Neben dem Gipsmodell befindet sich im Kunstgussmuseum auch ein Eisenguss der Trautschold-Büste. Es handelt sich um einen um 1935 entstandenen Guss nach dem ursprünglichen Modell.


Johann Friedrich Trautschold war maßgeblich an den Erfolgen der Einsiedel´schen Gießerei im frühen 19. Jahrhundert beteiligt. Er begann 1796 als Kontrolleur in dem Lauchhammerwerk zu arbeiten, zwei Jahre später wurde er zum Buchhalter befördert. 1802 übertrug Detlev Carl Graf von Einsiedel ihm die Leitung der Eisenwerke in Lauchhammer und Burghammer. In dieser Funktion, die er bis 1839 innehatte, war er für zahlreiche Neuerungen und technische Verbesserungen verantwortlich.

Die 1825 von Trautschold anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Gießerei verfasste „Geschichte und Feyer des ersten Jahrhunderts des Eisenwerks Lauchhammer“ beschreibt ausführlich die Geschichte des Werkes, die Einführung neuer Technologien, Absatzahlen und beinhaltet auch Listen der frühen Kunstgusserzeugnisse. Dieses Werk ist bis heute die Grundlage zur Erforschung der frühen Jahre der Gießerei. Die Festschrift, wie wir heute sagen würden, ist zudem eine der ersten und exzellentesten Beispiele der Firmengeschichtsschreibung überhaupt.


Die Bedeutung von Trautschold war offenbar früh erkannt worden. Noch im Jahr seines Todes erschien eine Publikation, in der „das häusliche Leben und amtliche Wirken“ des „Ober-Factor zu Lauchhammer“ ausführlich gewürdigt wurde. Das Heft beinhaltet auch eine Lithografie Trautscholds, die nach einer Zeichnung von Rietschel angefertigt wurde.

 

Abb. 2: Johann Friedrich Trautschold

(aus: Trautscholdt. Ober-Factor zu Lauchhammer …., 1842)