Christian Daniel Rauch: Bronzestatuen der polnischen Fürsten Mieczyslaw I. und Boleslaw I.


 

Christian Daniel Rauch

Christian Daniel Rauch wurde am 2. Januar 1777 in Arolsen als Sohn eines Kammerdieners des Fürsten zu Waldeck geboren. Er wuchs in einfachen Verhältnissen aber dennoch beeinflusst vom Hofleben auf. Er erhielt Privatunterricht u.a. in Französisch und Latein. Mit 13 Jahren begann Rauch eine Lehre zum Bildhauer. 1797 starb sein älterer Bruder und er übernahm seine Stelle als Kammerdiener am preußischen Hofe bei Friedrich Wilhelm II. von Preußen.

Rauch war sehr zielstrebig und fleißig, modellierte und lernte wann und wo er konnte und studierte außerdem an der Kunstakademie Kunstgeschichte und Altertumskunde. 1803 wurde er bei Gottfried Schadow Gehilfe. Endlich wurde er auf sein Bitten aus dem Staatsdienst entlassen und trat mit Hilfe eines Stipendiums eine Studienreise nach Italien an, wo er 6 Jahre blieb. Dort lernte er auch Wilhelm von Humboldt kennen, der ihm Kontakte zu Künstlern und Gelehrten vermittelte.

Ab 1819 wohnte und arbeitete Rauch in Berlin. Das „Lagerhaus“ in der Klosterstraße wurde zum Mittelpunkt der Berliner Bildhauerschule. Gemeinsam mit Gottfried Schadow und Karl Friedrich Schinkel prägte Rauch das klassizistische Bild Berlins. Nach einem sehr produktiven Künstlerleben verstarb Rauch am 3. Dezember 1857 und wurde auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin beerdigt.


 

Bronzestatuen der polnischen Fürsten Mieczyslaw und Boleslaw

1815 entstand der Plan, vorangetriebenen durch den Fürsten Anton Radziwill und später gemeinsam mit dem Grafen Eduard Raczynski, Christian Daniel Rauch mit dem Entwurf für ein Doppelstandbild der ersten polnischen Fürsten zu beauftragen. Ab 1827 wurde der Plan deutlicher, eine Spendenaktion, die über Polen hinausging, bewirkte, dass Friedrich Wilhelm der III. von Preußen erlaubte, ein Nationaldenkmal der Polen zu errichten. Die „Goldene Kapelle“ im Posener Dom wurde als Standort favorisiert. 1837 konnte das Tonmodell fertiggestellt und in Gips abgeformt werden.

Nach vorangegangenen Streitigkeiten mit dem Auftraggeber und langen Verhandlungen, in welcher Gießerei die Standbilder gegossen werden sollten, entschied Rauch, den Guss in der Gräflich Einsiedelschen Gießerei in Lauchhammer ausführen zu lassen. Unter Trautscholdt und Alex sowie Friebel und dem Ziseleur Nicklas wurde die Statue des Mieczyslaw 1838 und die Statue des Boleslaw 1839 im Wachsausschmelzverfahren gegossen. „Die Oberfläche gleicht geprägter Bronze (nicht gegossener) so dicht und gut ist Jedes ausgedrückt.“ schrieb Rauch in vollster Zufriedenheit. In der Akademie-Ausstellung 1840 konnte das fertig ziselierte Doppelstandbild besichtigt werden. Auch Gottfried Schadow war voller Bewunderung. Danach wurde es nach Posen transportiert und von Friebel aufgebaut. 1847 wurde das Gipsmodell wieder nach Berlin zurückgegeben, um dann im Rauch-Museum aufbewahrt zu werden. Später ging es verloren.

Der überaus erfolgreiche und gelobte Guss in Lauchhammer verhalf dem Werk zu hoher Anerkennung unter den Künstlern und brachte in der Folge viele weitere Aufträge. Lauchhammer wurde der führende Spezialist auf dem Gebiet des Bronzegusses und der Großplastik weltweit und erhielt auf den Weltausstellungen mehrfach Anerkennungen und Goldmedaillen.

Das Doppelstandbild hat eine Höhe von 2,50m. Mieczyslaw ist alt und mit Bart dargestellt. Er hält in seiner linken Hand einen Stab mit dem Kreuz, seine rechte Hand weist auf das Kreuz. Es ist das Symbol des neuen christlichen Glaubens in Polen, der von Mieczyslaw eingeführt wurde. Der Kopf ist geneigt und trägt einen Helm mit Krone. Über dem Kettenhemd ist der Fürst mit einem Brokatgewand und einem Mantel mit Hermelinfutter und gestickter Borte bekleidet. Boleslaw ist jung dargestellt. Er hat einen kurzen Bart und eine markante Nase. Er ist gerüstet mit einem Panzer aus Kettengliedern und Schuppen. Auch der junge Fürst trägt eine Krone. Der Gestaltung liegen umfassende Recherchen durch Graf Raczynski zugrunde, die für Rauch zusammengetragen wurden. Viele Bereiche der Plastik sind vergoldet und versilbert, an Kronen, Schwert, Gürtel und Kreuz wurden Edelsteine eingefasst, die heute größtenteils verloren sind. Am Fuß des Boleslaw liegt ein Helm, auf dem der Bildhauer vermerkt ist: „C.Rauch fec.1837“, hinten an der Plinte befindet sich das Zeichen der Gießerei: „fondu a Lauchhammer 40“.

Die Figuren stehen auf einem Marmorsockel, darauf sind die Namen der Herrscher und auch der Stifter Graf Raczynski vermerkt. Das Standbild steht in einer Nische der sogenannten „Goldenen Kapelle“, die im byzantinischen Stil gestaltet wurde und hinter dem Hauptaltar des Posener Doms liegt.

Doppelstandbild der ersten polnischen Herrscher; historische Postkarte, Stiftung Kunstgussmuseum Lauchhammer, Archiv

 

Die goldene Kapelle im Dom zu Posen; Foto: Karol Gorski


 

Mieczyslaw I. und Boleslaw I.

Fürst Mieczyslaw, (um)945-992, entstammt der Herrscherfamilie der Piasten. Er war ab etwa 960 Herzog von Polen und führte den christlichen Glauben ein. 966 ließ er sich taufen. Sein Sohn Boleslaw „der Tapfere“ (965-1025) war ab 992 Herzog von Polen und wurde 1025 der erste König von Polen. Beide sind im Posener Dom begraben. Der Dom selbst soll an der Stelle stehen, an der sich Mieczyslaw taufen ließ.

                                             

Boleslaw I. (links) und Mieczyslaw I. (rechts) auf historischen Gemälden

 

Literatur: Jutta von Simson, Christian Daniel Rauch, Gebr. Mann Verlag, Berlin 1996

Antje Bräuer