Franz Metzner: Nibelungendenkmal (Rüdigerbrunnen)


 

Der österreichische Bildhauer Franz Metzner wurde am 18.11. 1870 in Wscherau (Böhmen) in einfachen Verhältnissen geboren. Wscherau gehörte bis zum Vertrag von Saint-Germain 1919 zur Königlich-Kaiserlichen Monarchie Österreich-Ungarn. Heute gehört Wscherau zur Tschechischen Republik.

1886 begann Metzner seine Steinmetzlehre und arbeitete von 1890-1894 in verschiedenen Bildhauerwerkstätten, u.a. bei Christian Behrens in Breslau. Studienreisen führten ihn nach Paris und Italien. Von 1894-1903 lebte er in Berlin und richtete sich 1896 in Friedenau ein Atelier ein. Erste Erfolge hatte er mit der Gestaltung kunstgewerblicher Gegenstände für die Königliche Porzellanmanufaktur Berlin.

1903 ging er nach Wien und erhielt eine Professur an der Kunstgewerbeschule. Er war Mitglied der Klimt-Gruppe.

1907 ging er wieder zurück nach Berlin, pflegte aber weiterhin die Beziehungen zu Wien und seiner Heimat Böhmen. Er baute in Zehlendorf-Mitte, Grundstück Machnower Strasse 39, Haus und Atelier.

In seinen letzten Lebensjahren beschäftigte sich Metzner aufgrund mangelnder Aufträge mit Zeichnung und Kleinplastik. Diese Werke gelten als seine besten, eindringlich und expressiv, schlicht und frei von der monumentalen Übertreibung seiner großen Werke. Metzner zählt zu den Wegbereitern der Moderne. Er wird dem Symbolismus zugeordnet. Franz Metzner gestaltete unter anderem auch die Bildwerke am Völkerschlachtdenkmal in Leipzig.

Franz Metzner starb am 24.03. 1919 im Alter von 48 Jahren. Er wurde auf dem Friedhof Spandauer, heute Onkel-Tom-Straße begraben.

Bis zu Beginn der 30er Jahre war sein Atelier Museum. Im II.WK wurde es von Bomben zerstört, Metzners Tochter ließ es wiederaufbauen. Als Nutzer werden Max Esser und Erich F. Reuter genannt. 1967 stirbt die Tochter, ihr Sohn verkauft das Grundstück. Der Nachlass Metzners geht an die Ostdeutsche-Galerie Regensburg. Später wurden die Gebäude abgerissen.


 

Der Nibelungenbrunnen (oder Rüdigerbrunnen)

1904 gewann Metzner mit dem Entwurf „Schmerz und Kampf“ den ausgeschriebenen Wettbewerb für einen monumentalen Brunnen, der in Wien im Park vor der Votivkirche aufgestellt werden sollte. Der Brunnen sollte Kaiser Franz Josef I. ehren, dessen Jahrestag des Attentats sich zum 50.Mal jährte und die Ergebenheit gegenüber dem Herrscher symbolisieren sollte. Die deutsche Heldensage „Das Nibelungenlied“ war mit seinen Figuren und Inhalten als Thema sehr beliebt.

Metzner entwarf einen runden Brunnen, in der Mitte ansteigend, gekrönt von einer Ritterfigur: Rüdiger von Bechelaren. 1904 wurde das endgültige Modell fertiggestellt, doch die Stadt zog den Auftrag zurück. Böhmen vermittelte nun. Die „Moderne Galerie“ in Prag bot an, den Brunnen zu kaufen, um ihn vor der Galerie aufzustellen. 1907 wurde ein Vertrag abgeschlossen. Metzner verpflichtete sich, den Brunnen bis 1910 fertig zu stellen, hielt diesen Termin aber nicht ein.

Zur großen Dresdner Kunstausstellung 1912 wurde Rüdiger präsentiert. Bevor die Statue an die Prager Galerie geliefert wurde, die bereits das Werk zur Hälfte bezahlt hatte, brach Österreich-Ungarn auseinander. Auch Metzners künstlerischer Stil änderte sich, und er kam von der ursprünglich geplanten Fassung in einer Kombination von Marmor und Bronze ab. Die gesamte Statue sollte in Bronze gegossen werden. Laut „Verzeichnis der ausgeführten Kunstguss-Stücke“ im Bildguss-Katalog, wurde 1919 gegossen. Die Statue ist 3,50 m hoch.

Katalog „Lauchhammer-Bildguss“; Stiftung Kunstgussmuseum Lauchhammer, Archiv

Metzner starb 1919. Bei seiner Nachlassausstellung wurde Rüdiger im Zehlendorfer Atelier gezeigt. Eine Aufstellung in Prag war unmöglich geworden, da Denkmäler, die in Beziehung zu Habsburg standen, beseitigt wurden. Durch Kontakte des Landeskonservators Hönigschmid zum Gablonzer Bürgermeister Fischer wurde die Plastik der Stadt Gablonz für 50000 Kronen überlassen.

Vorerst stellte man Rüdiger auf den leeren Sockel vor der Kirche der Heiligen Anna, dort wurde vorher die Statue Kaiser Joseph II. entfernt. 1930 kaufte die Stadt Gablonz von Else Metzner, der Witwe, den bereits fertig gestellten Sockel mit Reliefs, sodass Rüdiger 1931 auf den Gewerbeplatz vor der neu erbauten Herz-Jesu-Kirche aufgestellt werden konnte. Ganz im Sinne Metzners richtete hier Rüdiger seinen Blick zur freien Gebirgslandschaft. Der Standort unterstützte die beabsichtigte monumentale Wirkung voll und ganz. Insgesamt entstanden Kosten von 700000 Kronen.

Die Gesamtansicht der Denkmalanlage 1; Historische Postkarten, Stiftung Kunstgussmuseum Lauchhammer, Archiv

 

Die Gesamtansicht der Denkmalanlage 1; Historische Postkarten, Stiftung Kunstgussmuseum Lauchhammer, Archiv

 

Im Mai 1945 stürzten tschechische Partisanen Rüdiger vom Sockel. Das Werk konnte geborgen werden und kam mit Beschädigungen in die Nationalgalerie Prag, wo es restauriert wurde.

1968 wurde die Plastik durch die Vermittlung eines Münchener Kunsthändlers für 100000 DM (10000 Dollar) nach Neugablonz/Kaufbeuren verkauft. Hier hatten viele Gablonzer eine neue Heimat gefunden. Die Kaufsumme wurde von privaten Spendern aufgebracht. Auch der neue Brunnensockel wurde durch Spenden finanziert. Am 30.08. 1970 wurde der Rüdigerbrunnen vor der Neugablonzer Herz-Jesu-Kirche eingeweiht. Nicht alle Einwohner waren davon überzeugt. Seit 2015 gibt es Bestrebungen, eine Kopie des Brunnens wieder in Gablonz/Jablonec aufzustellen. Doch auch diese symbolhafte Idee findet nicht nur Befürworter.


 

Rüdiger von Bechelaren in der Nibelungensage

Markgraf Rüdiger ist ein tragischer Held der Sage. Er war Vasall des Königs Etzel. Rüdiger war Etzels Brautwerber bei Kriemhild und sorgte für das Geleit der Burgunden in das Reich des Hunnenkönigs. Während des Brautzuges hielt man sich auf der Burg Rüdigers in Bechelaren auf, und wurde herzlich bewirtet. Die Tochter Rüdigers wurde dem jungen König der Burgunder Giselher versprochen. Rüdiger war ab diesem Moment zwischen die Fronten geraten. Er musste als Vasall des Königs gegen die Burgunder, seine Freunde und Gäste kämpfen. König Gernot und Rüdiger erschlugen sich auf Etzels Burg gegenseitig. Rüdiger konnte nicht beiden Verpflichtungen gerecht werden.

Antje Bräuer