Nicola Vösgen

Ferdinand Lepcke: Harfenmädchen

Ferdinand Lepcke wurde am 23. März 1866 in Coburg geboren, bereits 1870 zog sein Vater, ein gebürtiger Berliner, mit seiner Familie in seine Heimatstadt zurück. Lepcke erlernte ab 1881 in dem Bildhauer- und Stuckatelier der Gebrüder Bieber das Modellieren, gleichzeitig besuchte er in den Abendstunden den Unterricht am Kunstgewerbemuseum. 1883 nahm er sein Studium an der Akademie für Bildende Künste auf, wo er Meisterschüler von Fritz Schaper war. Nach Beendigung des Studiums, 1890, war er als freischaffender Bildhauer rasch erfolgreich. Er erhielt 1893 den Großen Staatspreis der Preußischen Akademie der Künste, der ihm eine einjährige Italienreise ermöglichte. 1905 wurde ihm von der Akademie der Künste in Berlin der Professorentitel verliehen. Bereits vier Jahre später verstarb der erst 42-jährige Ferdinand Lepcke am 12. März 1909 in Berlin an einer Lungenentzündung.


Das Harfenmädchen

Im Januar 1909 kündigte Ferdinand Lepcke seiner Geburtsstadt Coburg, der er aus familiären Gründen zeitlebens eng verbunden war, die baldige Schenkung einer Hafenspielerin an, d.h. er wird das Modell wohl um den Jahreswechsel 1908/1909 oder kurz darauf geschaffen haben. Es war damit die letzte seiner Arbeiten, da er im darauffolgenden März bereits verstorben ist. Diese ca. 90cm große Bronze, die sein Bruder Oscar im Mai 1909 nach Coburg schickte, war in der Berliner Gießerei Gladenbeck gegossen worden, der Abguss befindet sich heute in der Städtischen Sammlung Coburg.

Im selben Monat, im Mai 1909, war ein weiterer Bronzeguss des Harfenmädchens auf der Großen Berliner Kunstausstellung ausgestellt und zum Verkauf angeboten. Die Vermutung liegt nahe, dass Oscar Lepcke, der nach dem frühen Tod seines Bruders für die Verwertung der Kunstwerke zuständig war, die Gießerei Gladenbeck im Frühjahr 1909 mit der Ausführung von gleich zwei Bronzegüssen beauftragt hatte.


Im Kunstgussmuseum befindet sich ein Gipsmodell des Harfenmädchens in der Größe von 90cm.

 

Abb: Modell des Harfenmädchens im Kunstgussmuseum Lauchhammer

(Foto: Tino Winkelmann, KGML, 2017)


Der Körper des mit gelblichem Schellack überzogenen Körpers unterscheidet sich deutlich von dem reinweißen Gipskopf des Modells. Bei der Übernahme der Modellsammlung von der Gießerei gab es von der Harfenspielerin zwei unvollständig erhaltene Modelle: einmal einen kopflosen Torso, der gelblich schellackiert war sowie einen einzelnen Kopf ohne Schellacküberzug. In Zusammenarbeit mit dem Restaurator wurden diese beiden Teile zusammengefügt, um den Gesamteindruck der Statue wiederzugewinnen.

Es ist nicht bekannt, wann die Gießerei Lauchhammer die Lizenzrechte für das Modell des Harfenmädchens angekauft hat. In den Bildgusskatalogen der Gießerei wurde die Figur in den Jahren 1927 und 1929 in jeweils drei Größen angeboten: 30cm, 50cm und 90cm. In dem Katalog von 1933 ist sie bereits nicht mehr zu finden, obwohl die Gießerei 1930 in einer zweiten Lizenzvereinbarung die zukünftigen Vervielfältigungsrechte an allen Lepcke´schen Figuren erworben hatte.

Anhand der erhaltenen Unterlagen der Gießerei sind lediglich zwei Bronzegüsse der kleinsten Version, in der Größe von 30cm, überliefert. Diese sind in den Jahren 1927 und 1936 verkauft worden, eine davon an Oscar Lepcke in Berlin.


Im Kunsthandel wurde 2007 ein Exemplar des Harfenmädchens in der Größe 30cm in schwarz patiniertem Eisenguss angeboten. Laut den Angaben des Auktionshauses soll dieser Abguss bereits 1918 in Lauchhammer gefertigt worden sein.

Abb. 2: Statuette der Harfenspielerin in Eisenguss

(Foto: Dannenberg, 2007, angefragt Antw. vorauss. erst im Jan. 2018)