Robert Dorer: Nationaldenkmal Genf
Eugen Robert Dorer wurde am 13.Febr. 1830 in Baden/Schweiz geboren. 1846, im Alter von 16 Jahren, trat er in die Akademie der Künste München ein und studierte bei Ludwig Schwanthaler. 1848 ging er nach Dresden und studierte bei Ernst Rietschel und bei Ernst Hähnel. Er assistierte Rietschel bei der Arbeit am Goethe-Schiller-Denkmal für Weimar. 1860-1863 unternahm er eine Studienreise nach Italien und kehrte dann wieder nach Dresden zurück. 1863 erhielt er den ersten Preis beim Wettbewerb für die Gestaltung des Nationaldenkmals in Genf. 1870 ging er zurück in seine Heimat. Robert Dorer starb am 13. April 1893 in seinem Geburtsort Baden. Er schuf Baudekorationen und Denkmäler u.a. in Bern, St. Gallen und Genf.
Das Nationaldenkmal „Monument national“ in Genf
Zur Errichtung eines Denkmals zum 50. Jahrestag der Vereinigung der Republik Genf und den Schweizer Eidgenossen 1814 wurde 1863 ein Zentralkomitee gegründet. Das Komitee schrieb einen internationalen Wettbewerb aus. Es sollte ein „vornehmes Denkmal, dass der Erinnerung des Ereignisses würdig sei“ geschaffen werden, und es „sollte den Preis von maximal hunderttausend Franken nicht übersteigen.“
Robert Dorer ging aus diesem Wettbewerb mit seinem Entwurf: „Einer für alle, alle für Einen“ als erster Preisträger hervor. Dies brachte ihm auch künftig höchste Anerkennung und kann als sein künstlerischer Durchbruch bezeichnet werden. Dorer war Teilnehmer Nr. 53 von insgesamt 56 eingereichten Vorschlägen.
Von Beginn an war der Einweihungstermin im September 1864 nicht zu halten. Die Feierlichkeiten wurden abgesagt. Dorer verpflichtete sich, ein verkleinertes Modell in Gips (6 Fuß hoch, entspricht ca. 1,80 m) bis 1867 herzustellen, was in einer Ausstellung der Öffentlichkeit präsentiert werden konnte, um dem Eindruck entgegenzuwirken, dass die Arbeit des Komitees aufgegeben worden war. Gleichzeitig übergibt Dorer den Kostenvoranschlag für die Fertigung in Bronze in Höhe von 65000 Franken. Die tatsächliche Höhe des Denkmals war auf 12 Fuß (entspr. 3,60m) festgelegt worden.
Ein Komiteemitglied, Camperio, reiste nach Dresden, um den Fortschritt im Atelier zu besichtigen und kehrte mit lobenden und zufriedenen Worten zurück. Die Einweihung wurde nun auf den 12. September 1869 festgelegt. Auch der Sockel aus Granit wurde in Auftrag gegeben.
Am 16. Oktober 1868 teilte Dorer dem Komitee mit, dass der Guss in der Gießerei Lauchhammer gelungen sei, am 13. November bestätigte er die „einwandfreie Vollendung des Kunstwerkes“ und dass der Ziseleur bereits mit seiner Arbeit begonnen habe. Am 14. August 1869 passierte das Monument den Bahnhof Großenhain, am 19. August die Schweizer Grenze um noch am selben Tag in Genf einzutreffen. Dort musste es mit einem Gewicht von ca. 160 Zentner (8000 kg) noch die Mont- Blanc- Brücke überqueren.
Das kleinere Modell wurde dem Künstler zurückgegeben, der Verbleib ist unbekannt. Erwähnt wird auch eine Statuette mit einer Höhe von 28 cm, die sich heute im Historischen Museum Baden befindet.
Dorer gilt als ein patriotischer Künstler. Politik und Literatur spielten in seiner Familie immer eine große Rolle. Die Darstellung seiner Figuren entspricht dem Zeitgeschmack um 1870-1880, Heldensagen, Allegorien und Symbole wurden häufig in Kunstwerke eingearbeitet.
Historische Postkarte mit Poststempel 1900; Stiftung Kunstgussmuseum Lauchhammer, Archiv
Zwei junge Frauen symbolisieren die Schweiz und die Republik Genf. Helvetia und Geneva fassen sich um die Taille. Sie sind, in fließende Gewänder gehüllt, mit Schwert und Schild dargestellt. Die wallenden Locken rahmen ideale Gesichtszüge ein. Alle Details sind fein und in klassischem Stil meisterlich ausgeführt. Helvetia und Geneva beschützen sich gegenseitig und richten ihren Blick hinaus über den Genfer See in Richtung Schweiz.
Die Bronzeplastik steht auf einem Granitsockel, aus insgesamt 83 Teilen. Am Sockel sind Tafeln mit Inschriften befestigt, die auf älteren Fotos noch nicht vorhanden scheinen. Das deutet darauf hin, dass sie erst später angebracht wurden. Der Standort des Denkmals ist im Englischen Garten gegenüber dem Genfer See.
Nationaldenkmal Genf; Foto: H. Streubel
Literatur: Veronique Goncerut-Estèbe; Ein patriotisches Unternehmen in Genf im XIX. Jahrhundert: „Das Nationaldenkmal und seine Einweihung, 1863-1870“. Universität Genf, Departement allgemeine Geschichte, Genf 1991
Antje Bräuer