Johannes Boese: Eichendorff-Denkmal, Ratibor

Johannes Boese (auch Böse) wurde am 27. Dezember 1856 in Ostrog, Landkreis Ratibor, als Sohn eines Tischlermeisters geboren. Nach einer Ausbildung zum Holzbildhauer besuchte er die Gewerbeschule in Gleiwitz. Ab 1877 bis 1883 studierte Boese an der Kunstakademie in Berlin bei Fritz Schaper und Albert Wolff, beide Vertreter der Rauchschule. 1902 wurde er als Anerkennung für das Denkmal Kaiser Friedrich III. in Posen zum Professor ernannt. Boese arbeitete in der Tradition der Rauchschule im Stil des gemäßigten Naturalismus. Am 20. April 1917 verstarb Johannes Boese in Berlin, er wurde auf dem Friedrichshainer Georgen-Parochial-Friedhof II begraben.


 

Das Joseph von Eichendorff- Denkmal

Auf Initiative des Gesangsvereins „Liedertafel“ wurde zum 75. Jahrestag des Bestehens und zum 50. Todestags des Dichters der Romantik Joseph von Eichendorff angeregt, ein Denkmal für den im Schloss Lubowitz bei Ratibor geborenen Dichters zu errichten. 9000 Gesangsvereine wurden um Spenden gebeten, 800 beteiligten sich und es wurden so 8000 Mark gesammelt. Die fehlenden 4000 Mark wurden von Städten und Gemeinden sowie von der Regierung der Schlesischen Provinz aufgebracht. Der Auftrag ging an den Bildhauer Johannes Boese, der zeitlebens mit seiner Heimat verbunden blieb. Der Guss fand 1909 in der Kunstgießerei Lauchhammer statt.

 

Eichendorff-Denkmal vor der Auslieferung; Foto: Stiftung Kunstgussmuseum Lauchhammer, Archiv

Der künftige Standort des Denkmals war lange umstritten, jedoch konnte man sich einigen und am 26. September 1909 nach einem Morgenkonzert wurde die Statue vor dem „Ältestengebäude“ mit einer großen Prozession von Chören, Handwerksgilden und Handelsgilden, 400 Schulkindern und zwei Orchestern sowie tausenden Einwohnern feierlich enthüllt.

 

Das Eichendorff-Denkmal in Ratibor vor 1945; Foto: Stadt Ratibor, Archiv

1945 wurde das Denkmal entfernt, wahrscheinlich wurde es eingeschmolzen. Lange blieb noch der Sockel erhalten, bis auch dieser verschwand.

Seit 1990 begann sich der neu gegründete Eichendorff-Verein für eine Wiederaufstellung des Denkmals einzusetzen. Die Modellherstellung anhand historischer Aufnahmen wurde dem Bildhauer Georg Latton, ebenfalls in der Nähe Ratibors geboren, übertragen. Der Guss fand in der Gliwice Technical Equipment Factory statt. Inzwischen konnte der Sockel in Fragmenten wiedergefunden werden, sodass die Nachbildung mit dem originalen Sockel auf dem ehemaligen Zbor-Platz wieder ihren Standort bekommen hat. Sie wurde am 4. September 1994 enthüllt. An der Skulptur befindet sich die Inschrift: J. Boese 1909 Kopie G. Latton 1993. Der runde Sockel trägt die Inschrift auf der Vorderseite: „Josef Freiherr von Eichendorff 1788-1857“ und auf der Rückseite: „Dem Sänger des Waldes Josef von Eichendorff gewidmet von den deutschen Männergesangsvereinen und von Gesangsfreunden. Enthüllt zum 75jährigen Stiftungsfeste des M.G.V. Liedertafel Ratibor, 26.Sept. 1909“.

 

Eichendorff-Denkmal von Georg Latton, Foto: Stadt Ratibor

Johannes Boese modellierte den schlesischen Dichter auf einem Eichenstamm sitzend, der von Farnen reliefartig umrankt wird. Die Plinte ist rund und ordnet sich der Form des Stammes unter. An der Plinte befindet sich die Signatur: „J. Boese fud. 1909“. (Ob sich hier auch ein Zeichen der Gießerei befand, lässt sich anhand der noch erhaltenen historischen Abbildungen nicht rekonstruieren.) Der linke Fuß steht auf einem Stein, das rechte Bein ist locker seitlich nach hinten gelagert. Eichendorff trägt hohe Stiefel und die zeittypische Kleidung Adliger. Seine rechte Hand ruht auf dem linken Bein und hält einen Stift, dagegen der linke Arm ist angewinkelt und hält ein Buch. Ein Finger befindet sich wie ein Lesezeichen zwischen den Seiten des Buches. Eichendorff blickt konzentriert nach links. Der Dichter erweckt den Eindruck, in der Natur nach Inspiration suchend, von etwas abgelenkt worden zu sein. Sein Blick ist forschend und aufmerksam in die Ferne gerichtet. Das Denkmal hat eine Höhe von 245 cm, mit dem Sockel ergibt sich eine Gesamthöhe von 410 cm.

Die Kopie weist Abweichungen vom Original auf.


 

Joseph von Eichendorff

Joseph von Eichendorff wurde am 10. März 1788    auf Schloss Lubowitz bei Ratibor, Oberschlesien geboren. Die Eichendorffs waren dort seit dem 17. Jahrhundert ansässig. Bereits als Kind begann er Reiseeindrücke literarisch zu verarbeiten, Tagebuchaufzeichnungen und Naturbeobachtungen folgten. Eichendorff studierte Jura, Philologie, Rechtswissenschaften, Philosophie und lernte die Dichter Brentano, Arnim, Kleist u.a. kennen. 1816 bis 1844 war er im Staatsdienst.

Eichendorff starb am 26. November 1857, er ist in Neisse (Nysa) in Polen begraben. In Schlesien wurde und wird der Dichter verehrt. Sein Geburtsort Schloss Lubowitz ist heute eine Ruine. 

Antje Bräuer