Lew Kerbel: Das Thälmann – Denkmal, Berlin


 

Lew Kerbel wurde am 25.10.2017 (julianisch) bzw. am 07.11.2017 (gregorianisch) in Semenowka in der Ukraine in einer jüdischen Familie geboren. Schon als Kind begann er mit der Bildhauerei. Ab 1935 bis 1941 studierte er an der Akademie der Künste in Moskau und an der Akademie in Leningrad. Von 1941 bis 1944 war er im Kriegsdienst als „Kriegskünstler“ bei der Marine. Ab 1945 arbeitete Kerbel an Kriegsdenkmalen. Er war der Schöpfer zahlreicher monumentaler sozialistischer Denkmäler. Kerbel erhielt wichtige Staatsaufträge nicht nur in der Sowjetunion, sondern auch in Kuba und der DDR. Für das Karl-Marx-Denkmal in Chemnitz erhielt er den Staatspreis der DDR. Bis zu seinem Tode war er Vizepräsident der Russischen Akademie der Künste und vertrat sein Leben lang eine ideologisch verklärte Kunst. Kerbel starb am 14.08 2003 in Moskau.

 

Zeitungsausschnitt vermutlich „Lausitzer Rundschau“, 1985, Foto: Stiftung Kunstgussmuseum Lauchhammer, Archiv

 


 

Das Thälmann – Denkmal in Berlin

Das Monumentaldenkmal Ernst Thälmanns wurde im Auftrag des Zentralkomitees der SED in den Jahren von 1981 bis 1986 geschaffen. Es befindet sich im Stadtbezirk Pankow/Prenzlauer Berg im Thälmann Park. Das Denkmal wurde anlässlich des 100. Geburtstages Ernst Thälmanns in Auftrag gegeben und am 15.04. 1986 enthüllt. Gleichzeitig wurden die ca. 25 ha große Parkanlage sowie 1332 Wohnungen übergeben.

Die Büste Ernst Thälmanns sowie seine geballte Faust, der Gruß des Roten Frontkämpferbundes sind vor einer beides überragenden und auch in seiner Breite beide Formen zusammenfassenden Fahne dargestellt. Die Fahnenspitze trägt die Symbole der Sowjetunion, den Hammer und die Sichel. Büste, Hand und Fahne sind miteinander verblockt modelliert. Sie stehen auf einen Quader, der an der Vorderseite die Aufschrift „Ernst Thälmann“ in Großbuchstaben und an den Schmalseiten die Aufschrift „Rotfront“, ebenfalls in Großbuchstaben, trägt. Das Monument steht auf einem zweistufigen Sockel aus rotem ukrainischem Granit.

 

Verkleinerung des Monumentalwerkes im Kunstgussmuseum Lauchhammer, als Präsent verwendet; Foto: Stiftung Kunstgussmuseum Lauchhammer

 

Die Monumentalplastik ist 13m hoch, 11m lang, 4m breit und 50 Tonnen schwer. Sie wurde aus 277 Einzelteilen im Sandgussverfahren hergestellt, jedes Teil etwa 2 x 2m groß und 600 kg schwer. Alle Teile wurde in der Kunstgießerei Lauchhammer, zu dieser Zeit dem VEB Schwermaschinenkombinat Lauchhammer zugehörig, gefertigt. Zu diesem Zweck wurde eine neue Halle zur Lagerung der Gipsmodelle (Grundfläche 10 x 36m – heute „OstArena“) errichtet sowie eine transportable Montagehalle aus Leichtmetall, welche 18 x 18m Grundfläche maß und eine Höhe von 15m hatte. Sie wurde in Berlin zur Montage der Großplastik gebraucht. Im Februar 1982 begannen die Vorarbeiten. Eine Reise von Mitarbeitern des Kunstgusses in die Sowjetunion, der Austausch von Erfahrungen bei der Herstellung derart großer Plastiken, gingen den Arbeiten voraus. So wurde z.B. ein neues Schweißverfahren, das MAG-Schweißen, in Lauchhammer eingeführt. Das Verfahren ermöglichte weitaus sauberere Schweißnähte als die vorher verwendete Technik. Die Gipsmodelle wurden 1984 geliefert. Der eigentliche Guss in Bronze, nach den in Sand abgeformten Gipsmodellen, fand von 1984 bis 1985 statt. Der Bedarf an Bronze für diese eine Plastik umfasste die gesamte DDR-Jahresproduktion des Metalls. Anderen Bildhauern war es damit nicht möglich, eigene Werke zu gießen. Ziselierarbeiten und die Vormontage in insgesamt 27 Baugruppen fanden in Lauchhammer statt. Es war ein inneres begehbares Stahlgerüst erforderlich, welches von Mitarbeitern des BFG Lauchhammer angefertigt wurde. Die riesige Plastik wurde in Lauchhammer vormontiert, dann wieder abgebaut und zwischen August und Oktober 1984 ausgeliefert. Nun erfolgte vor Ort die Montage aller Teile durch die Ziseleure und Patineure der Kunstgießerei. Die alles schützende und optisch ebenso wichtige Patina konnte erst nach Vollendung aller vorangegangenen Arbeiten angebracht werden. Ein Kraftaufwand für alle Beteiligten und ein bleibendes Erlebnis, von welchem bis heute in Lauchhammer gesprochen wird! 60 Arbeiter und 8 Arbeiter bei der Montage in Berlin waren an dem Großprojekt beteiligt. Im Februar 1986 waren alle Feinarbeiten abgeschlossen.

Nach vielen Diskussionen zum Erhalt des Denkmals nach 1990 wurde schließlich die Gesamtanlage – Wohnungen, Park und Denkmal – 2014 unter Denkmalschutz gestellt. Bereits 1990 wurden zwei zugehörige Stelen mit Zitaten von Erich Honecker und Ernst Thälmann entfernt. Sie befinden sich in der Zitadelle Spandau in der Ausstellung „Enthüllt“. 2018 wurde starke Korrosion am inneren Stahlgerüst festgestellt, die erforderliche Restaurierung soll 2020 beginnen.

 

 

Ernst-Thälmann-Denkmal am 25.08.2020; Foto: Marie Bundt, Berlin

 


 

Ernst Thälmann

Ernst Thälmann (1886-1944) war von 1925 bis zu seiner Verhaftung 1933 Vorsitzender der ehemaligen Kommunistischen Partei Deutschlands während der Weimarer Republik. Er vertrat die KPD im Reichstag. Ab 1925 war er ebenfalls Vorsitzender des Roten Frontkämpferbundes. Seine Festnahme im Jahr 1933 war formell rechtswidrig und auch im internationalen Ausland rief dies Protestbewegungen hervor. Im August 1944 wurde Thälmann von den Nazis erschossen. Zum Hergang der Ermordung existieren verschiedene Versionen.

Ernst Thälmann war einer der wichtigsten Führer der deutschen Arbeiterklasse, aber innerhalb seiner Partei nicht unumstritten und wird auch aus heutiger Sicht kritisch betrachtet. In der DDR waren Organisationen, Plätze, Straßen, Betriebe, Schulen usw. nach ihm benannt bzw. wurden umbenannt. Er wurde zur Symbolfigur der Arbeiterbewegung und des Sozialismus, sein Andenken wurde politisch instrumentalisiert.  

 

Antje Bräuer