Otto Stahn: Schwengelpumpen

 


 

Otto Stahn wurde 1859 in Berlin geboren. Er studierte an der Berliner Bauakademie. Nach Abschluss des Studiums arbeitete er für die Eisenbahndirektion Magdeburg und entwarf die Bahnhofshallen von Magdeburg, Halle und Stralsund. Seit 1888 bis 1897 arbeitete Stahn für die Stadt Berlin als Regierungsbaurat. Er war für die künstlerische Gestaltung der Brücken zuständig. So entwarf er zum Beispiel die Gertraudenbrücke, die Moltkebrücke und die Oberbaumbrücke. Stahn war auch an der Planung von Teilen der Hochbahn beteiligt. Außerdem unterrichtete er an der Königlichen Gärtnerlehranstalt in Dahlem und schuf Sakralbauten, Brunnenanlagen und Wohnhäuser. Otto Stahn starb 1930 in Berlin und wurde auf dem Neuen Friedhof Wannsee beerdigt.

 


 

Schwengelpumpen

In den Jahren 2002 bis 2006 konnte in Lauchhammer-Mitte mit Mitteln des Landes Brandenburg und der Bundesrepublik Deutschland der Dietrich-Heßmer-Platz und die Wilhelm-Pieck-Straße neugestaltet werden. Eine auf dem Platz in den Boden eingelassene Bronzetafel, gegossen von der Kunstgießerei Lauchhammer, berichtet davon. Die Pumpe auf dem ehemaligen Südanger und die Pumpe an der Stadtpassage wurden in diesem Zusammenhang durch die Stadt Lauchhammer von der Kunstgießerei angekauft. Es handelt sich um Nachgüsse von Typ II und Typ III der historischen Lauchhammerpumpen, wie sie seit 1893/1894 im Stil des Neobarock hauptsächlich für Berlin hergestellt wurden.

 

Pumpentyp II und III auf dem Gelände des Eisenwerks Lauchhammer; Foto: Stiftung Kunstgussmuseum Lauchhammer, Archiv

 

Die Pumpe am Südanger hat einen quadratischen Grundriss. An den Ecken befinden sich je eine kleine Säule, dazwischen Platten mit Rosetten, wovon sich eine zu Wartungszwecken abnehmen lässt. Das Bauteil an dem sich der Wasserauslauf als Drachenkopf befindet, hat eine Gewölbeform und bildet den Übergang zur runden kannelierten Säule. An allen Absätzen, Ecken und Säulenfüßen sind Bänder mit Perlstäben, Akanthusblättern, Palmetten und Masken angebracht. Ganz unten, etwas verdeckt vom Kopfsteinpflaster aus Granit, ist auf ovaler Platte der Hersteller „Kunstgiesserei Lauchhammer LR“ zu lesen. Hier befindet sich in das Pflaster integriert auch ein Wasserlauf aus Granit. Der Drachenkopf hat einen in die Gestaltung eingearbeiteten Haken für den Wassereimer. Die Vorderbeine des Drachens, mit Krallen und Schuppen, stützen sich gegen den Pumpenkörper. Der Schwengel an der gegenüberliegenden Seite ist schlank und sparsam verziert. Ein Blatt schmückt ihn kurz über dem Griff. Gegenüber der Schwengelgabel sieht man einen Vogelkopf, von fliegenden Bändern gerahmt. Die Pumpe wird von einer kegelförmigen Haube abgedeckt. Sie ist mit einem flachen Relief aus Blättern verziert. Ganz oben bildet eine Kreuzblume den Abschluss.  

 

                 

Pumpe Typ II am Südanger und Pumpe Typ III an der Stadtpassage; Foto: Wolfgang Miertzsch 2009, Antje Bräuer 2022

 

Die zweite Pumpe an der Stadtpassage hat einen achteckigen Grundriss, der sich durch zwei vorgeblendete Pilaster ergibt. Zwischen den Pilastern sind die Wappen von Brandenburg, Berlin, Sachsen und Lauchhammer angebracht. Die Landeswappen sind in den neunziger Jahren von Antje Bräuer aus Hohenleipisch als Modelle angefertigt worden. Das Stadtwappen wurde maschinell nach einer zweidimensionalen Vorlage erstellt, es ist verschraubt. Über den Wappen befindet sich ein Muschelornament, daran schließt sich auf der einen Seite der ebenfalls drachenkopfförmige Wasserspeier an. Er ist den barocken Formen von Wasserspeiern entlehnt und endet mit blattartigen Ornamenten. Seine Vorderbeine stützen sich an den Pumpenkörper. Der Aufhängehaken wurde wiederum geschickt in der Gestaltung verarbeitet. Nach oben schließt sich die runde kannelierte Säule an. In Höhe der Schwengelgabel befindet sich eine mit Ornamenten verzierte ovale Fläche, die bei den Berliner Pumpen eine Nummer trägt, in Lauchhammer ist sie frei. Die Pumpe endet mit einer hutartigen Kappe, in der Mitte ist ein kronenförmiger verzierter Abschluss gewählt, auf dem nochmals eine Krone anschließt, aber diesmal mit architektonischen burgartigen Elementen verziert. Der Schwengel und der Wasserlauf aus Granit sind identisch mit dem der anderen Pumpe. Hier ist jedoch kein Gießereizeichen erkennbar.

Beide Pumpen sind aus vielen Einzelteilen zusammengefügt und grau gestrichen. An den Fügestellen und teilweise auf den Flächen der eisernen Pumpen sind Korrosionsschäden sichtbar. Sie sind drei Meter hoch und etwa 55 x 55 Zentimeter breit. Ihr Gewicht beträgt 450 Kilogramm. An beiden Pumpen wurde ein Emailschild „Kein Trinkwasser“ angebracht. Die Pumpen sind in 2022 nicht in Betrieb.

 


 

Berliner Stadtmöbel

Otto Stahn erhielt 1890 den zweiten Preis bei einem Wettbewerb zur Gestaltung von Pumpen mit der neuen Kuntzeschen Pumpmechanik. Der erste Preis ging an Otto Schmalz, jedoch wurde sein Entwurf wegen zu „reichlicher Dekoration“ verworfen. Man stattete das Alte Berlin von 1894 bis 1897 mit den Pumpen von Stahn aus. Bis 1910 wurden auch die Vororte versorgt. Die Pumpen dienten der Wasserversorgung und förderten direkt aus dem Grundwasser. Seit 1900 wurden immer mehr Hauswasseranschlüsse gelegt, sodass ihre Bedeutung zurückging. Noch immer sind in Berlin etwa 2000 der meist in Chromoxid oder „Kölner Brückengrün“ gestrichenen mechanischen Handschwengelpumpen erhalten. Nicht alle stammen aus Lauchhammer. Sie stehen unter Denkmalschutz. Wasserpumpen aus Lauchhammer wurden auch in Luckau, Magdeburg und Stettin und weiteren heute polnischen Städten, die ehemals zu Preußen gehörten, aufgestellt.

 

Ersttagsbriefe der Deutschen Bundespost Berlin 1983; Privatbesitz

 


Kuratorin Antje Bräuer