Nicola Vösgen

Ferdinand Lepcke: Hero


Ferdinand Lepcke wurde am 23. März 1866 in Coburg geboren. Seit 1881 lernte er das Modellieren in dem Bildhauer- und Stuckatelier der Gebrüder Bieber in Berlin, gleichzeitig besuchte er den Unterricht am Kunstgewerbemuseum. 1883 nahm er sein Studium an der Akademie für Bildende Künste auf, wo er Meisterschüler von Fritz Schaper war. Nach Beendigung des Studiums war er als freischaffender Bildhauer rasch erfolgreich. Er erhielt 1893 den Großen Staatspreis der Preußischen Akademie der Künste, der ihm eine einjährige Italienreise ermöglichte. 1905 wurde ihm von der Akademie der Künste in Berlin der Professorentitel verliehen. Seine Hauptwerke waren der Sintflut-Brunnen in Bromberg und die Statue „Bildhauer“, die vor der Nationalgalerie aufgestellt war; daneben schuf er zahlreiche idealplastische Frauengestalten, Portraitbüsten und Grabdenkmäler. Am 12. März 1909 verstarb der erst 42-jährige Lepcke in Berlin an einer Lungenentzündung. Der Künstler wurde auf dem Friedhof der Jerusalems- und Neuen Kirche in Berlin Kreuzberg bestattet.


Das Modell der Hero im Kunstgussmuseum

 

Im Kunstgussmuseum befindet sich das 50cm große Modell der Hero. Das Gipsmodell war stark beschädigt, beide Arme sind in Wachs ergänzt. Die Plinthe ist an der Vorderseite mit »HERO« und auf der Oberseite mit »Ferd. Lepcke Berlin« bezeichnet.

 

Abb. 1: Modell der Hero im Kunstgussmuseum
(Foto: Tino Winkelmann, KGML, 2018)

Das Modell der Hero wurde nach dem frühen Tod von Ferdinand Lepcke am 28.03.1918 von dessen Bruder Oskar Lepcke, der den Nachlass seines Bruders verwertete, an die Gießerei Lauchhammer verkauft.

In den Lauchhammer Bildguss-Katalogen ist die Hero 1923 erstmals erwähnt, in dem Bildguss-Katalog von 1927 wird sie in den Größen 30, 50 und 90cm, zwischen 1929 und 1938 nur noch in der Größe 50cm angeboten.

Abb. 2: Die Hero in dem Bildguss-Katalog der Gießerei Lauchhammer
(Foto: Katalog Lauchhammer Bildguss, 1929, S. 113)

Nur für die 50cm große Fassung sind die Verkaufszahlen seit 1927 dokumentiert. Diese wurde zwischen 1927 und 1946 fünf Mal verkauft, davon sind 1945/46 zwei Bestellungen an Majoren der Sowjetischen Militäradministration ausgeliefert worden.

 


Die Hero von Ferdinand Lepcke

 

Geschaffen hatte Lepcke das Modell der Hero bereits 1908, wie ein Foto aus dem Lepcke´schen Atelier sowie eine datierte Ansichtskarte belegen.

 

Abb. 3: Ferdinand Lepcke in seinem Atelier, im Hintergrund das Modell der Hero, um 1908
(Foto: Kunstsammlungen der Veste Coburg, Inv.-Nr. F.3747b)

 

 

Im Januar 1909 hatte Lepcke angekündigt, dass er eine in der Gladenbeck´schen Gießerei gegossene 50cm große Bronze der Hero seiner Vaterstadt Coburg als Geschenk übergeben wollte. Der plötzliche Tod des Bildhauers verzögerte die Übergabe. Erst im Dezember 1909 wurde die Aufstellung der Hero im Heimatmuseumssaal der Stadt Coburg bestätigt.

Eine Bronzeausführung der Statue war erstmals auf der Großen Berliner Kunstausstellung 1909 zu sehen. Zum Zeitpunkt der Ausstellungseröffnung war der Bildhauer bereits verstorben.

 


Die Legende der Hero

 

Eine griechische Sage erzählt die tragische Geschichte von Hero und Leander, die zu den bekanntesten Liebespaaren der europäischen Literatur zählen: Hero, die von ihren Eltern zur Priesterin der Aphrodite bestimmt war, lebte in Sestos am nördlichen Ufer der Dardanellen. Leander, der heimliche Geliebte der Priesterin, wohnte am gegenüberliegenden kleinasiatischen Ufer. Er durchquerte allnächtlich den Fluss, um heimlich zu Hero am anderen Ufer zu gelangen. Als Wegweiser diente ihm ein Licht, das diese stets für ihn brennen lies. Eines Nachts jedoch war das Meer so stürmisch, dass die Flamme verlosch und Leander in den Fluten ertrank. Als Hero am folgenden Morgen seinen Leichnam entdeckte, stürzte sie sich voller Gram vom Turm in den Tod.
Die Sage von den zwei Königskindern, die zusammen nicht kommen können, weil das Wasser viel zu tief ist, erfuhr später in der literarischen Gestaltung durch Ovid und Musaios große Verbreitung. In der Neuzeit entstand die Ballade »Es waren zwei Königskinder«, in der das antike Thema erneut aufgenommen wurde.