Nicola Vösgen

Hultzsch: Benedicta Margaretha Freifrau von Löwendal

Hermann Hultzsch wurde am 20. April 1837 in Dresden als Sohn eines Kupferstechers geboren. Er begann 1851 mit dem Studium an der Dresdner Kunstakademie, von 1854 bis 1861 war er Meisterschüler im Atelier von Ernst Rietschel. 1865 erhielt er ein Reisestipendium und verbrachte zwei Jahre in Rom. Seit 1867 war er als freischaffender Bildhauer mit eigenem Atelier in Dresden tätig. Von der Königlichen Akademie der Bildenden Künste in Dresden wurde er 1881 zum Ehrenmitglied ernannt. Hultzsch ist am 17. Dezember 1905 in Blasewitz bei Dresden gestorben.


Die Büste der Benedicta Margaretha Freifrau von Löwendal

 Im Auftrag von Detlev Graf von Einsiedel (1773-1861) modellierte Hultzsch noch vor Beginn seines Studiums, also vermutlich um 1850, die Büste der Freifrau von Löwendal, der Begründerin des Eisenwerks und späteren Gießerei in Lauchhammer.

Es sind drei in Eisen gegossene Exemplare der Büste der Freifrau von Löwendal nachweisbar.

Ein vermutlich aus dem 19. Jahrhundert stammender Eisenguss befindet sich bis heute auf dem Werksgelände der Gießerei Lauchhammer.

 

Abb. 1: Eisenguss der Büste der Benedicta Margaretha Freifrau von Löwendal im Werkshof der Gießerei Lauchhammer


Ein weiterer Eisen-Abguss befindet sich im Besitz der Gießerei und ist im Verkaufsbereich ausgestellt.

Im Kunstgussmuseum befindet sich ein moderner Nachguss, ebenfalls in Eisen, der vermutlich nach dem Exemplar im Werkshof gegossen ist.

 

Abb. 2: Büste der Freifrau von Löwendal im KGML, Eisenguss, 20. Jh.

(Foto: Tino Winkelmann, KGML, 2017)


Die Freifrau von Löwendal

Benedicta Margaretha von Rantzau wurde 1683 auf Neuhaus in Ostholstein geboren, durch ihre Heirat mit dem sächsischen Oberberghauptmann Woldemar Freiherr von Löwendal (1660–1740) im Januar 1709 wurde sie zur Freifrau von Löwendal. 1716 hatte Woldemar von Löwendal die Lehngüter Saathain und Mückenberg gekauft, die ihm seine vermögende Ehefrau ein Jahr später abkaufen musste, da sich Woldemar finanziell übernommen hatte. Im selben Jahr verlegte die Freifrau ihren Wohnsitz von Dresden nach Mückenberg und ließ dort das Schloss Mückenberg errichten (im heutigen Lauchhammer-West, 1945 zerstört).

Es war ihr Bestreben, für sich und die Bewohner der wirtschaftlich bis dahin völlig unbedeutenden Region rund um Mückenberg neue Möglichkeiten zu schaffen. Die Landwirtschaft war in dieser unwirtlichen Gegend aufgrund der sandigen Böden wenig ertragreich, Viehhaltung auf den sumpfigen Wiesen kaum möglich. Zunächst war die Anlage einer Brettmühle vorgesehen, um mit den reichen Kieferbeständen einen Holzhandel aufzubauen. Bei dem Bau dieser Mühle wurden 1723 umfangreiche Raseneisensteinvorkommen entdeckt und Benedicta plante daraufhin die Errichtung eines Eisenhammerwerks, den sog. Lauch(=Sumpf)hammer. Am 17. Juli 1725 erhielt sie durch August II. die Genehmigung zur Anlage eines Hochofen- und Hüttensystems, das am 25. August 1725 mit dem Anblasen des ersten Hochofens die Arbeit aufnahm.

Die Freifrau von Löwendal wirkte über 51 Jahre in der Region um Lauchhammer, sie errichtete eine Kirche, Schulen und Armenhäuser und gilt heute als eine der ersten und zugleich überaus erfolgreichen Unternehmerinnen der Niederlausitz. Sie verstarb hochbetagt mit 93 Jahren, am 26. Juli 1776, und wurde in der Familiengruft in der Nikolaikirche in Lauchhammer beigesetzt.

Als Universalerben hatte sie Detlev Carl Graf von Einsiedel (1737 bis 1810), ihren Patensohn und einen der führenden Eisenhüttenspezialisten im Kurfürstentum Sachsen, bestimmt. Unter dessen Leitung wurden die technischen Voraussetzungen für die Errichtung einer Kunstgießerei geschaffen, in der ab 1784 erstmals großformatige Figuren in Eisen gegossen werden konnten.

Neben der Büste existiert nur ein weiteres Bildnis der Freifrau von Löwendal, das uns das Aussehen dieser für Lauchhammer so bedeutenden Frau überliefert: Ein um 1720 entstandenes Ölgemälde, das dem französischen und seit 1716 am Dresdner Hof tätigen Maler Louis de Silvestre zugeschrieben wird.