Hermes-Herme
(früher auch: Bacchus, Plato, Zeus, Dionysos)


Eine 47cm große Marmor-Herme mit dem Portrait eines bärtigen Mannes, gelangte im 17. Jahrhundert aus einer italienischen Sammlung im 17. Jahrhundert in die Sammlung Reynst nach Amsterdam und wurde 1671 für die Kunstsammlung der brandenburgischen Kurfürsten erworben. Zwischen 1726 und 1730 kam die Herme als Schenkung nach Dresden (Inv. Hm 69).

Der überlebensgroße Kopf gehörte ursprünglich zu einer Herme, einem Pfeilerschaft mit aufgesetztem Kopf und Schultern, deren Bezeichnung auf die archaischen Kultmale des Wegegottes Hermes zurückgehen.

Das Vorbild für die Dresdner Herme stammt aus dem letzten Viertel des 5. Jh. v. Chr. und war vermutlich in Athen aufgestellt. Die Dresdner Kopie, die sich sehr stark an dem Vorbild orientierte, wurde Anfang des 1. Jh. n. Chr. in Italien geschaffen.

Im 18. Jahrhundert wurde der Kopf sehr unterschiedlich interpretiert, es finden sich Bezeichnungen als Plato, indischer Bacchus, bärtiger Bacchus, Bacchus Sardanapalos oder Priester. Später vermutet man die Darstellung eines bärtigen Gottes, des Dionysos oder Zeus. Die neuere Forschung hat jedoch herausgefunden, dass es sich aufgrund der Entstehungszeit um die Darstellung des Hermes handeln muss.

Abb. 1: Der sog. „Indische Bacchus“ im Augusteum Dresden, heute als Hermes interpretiert
(Becker, W. A.: Augusteum, Dresdens antike Denkmäler enthaltend, Bd. 2, Dresden 1808, Taf. XLVI)

Das feingesträhnte Haupthaar wird von einem Reif fixiert, einige darum geschlungene Haarsträhnen bilden vor den Ohren zierliche Schneckenlocken. Ebenso sorgfältig ist der Bart frisiert, dessen Locken sich an den Enden spiralförmig eindrehen. Jeweils eine lange Haarsträhne fällt vorne auf die Schulter herab.


Hermes im Kunstgussmuseum

Im Kunstgussmuseum befindet sich das 46cm große Gips-Modell des Hermes. Aufgrund der formalen Übereinstimmungen und der identischen Größe kann davon ausgegangen werden, dass es sich um eine 1:1 Kopie aus der Dresdner Sammlung handelt.


Abb. 2: Modell des Hermes im Kunstgussmuseum
(Foto: Tino Winkelmann, 2019)

In einem 1825 erstellten Verzeichnis der in Lauchhammer hergestellten Eisen-Kunstgusswaren wurde von Johann Friedrich Trautscholdt, dem damaligen Oberfaktor der Gräflichen von Einsiedel´schen Eisenwerke, für 1796 die Ausführung eines Plato, zusammen mit der Büste Homers, genannt. Das die Benennung als Plato zu dieser Zeit geläufig war, wird es sich vermutlich um einen Eisenguss des hier beschriebenen Modells gehandelt haben. Leider ist nicht benannt, wer der Abnehmer / Käufer der Büste war. In einem Preis-Courant von ca. 1845 ist eine Büste des Plato nicht mehr angeführt. Es sind keine erhaltenen Eisen- oder auch mögliche spätere Bronzegüsse bekannt.

Nicola Vösgen