Glocke am Bahnhof in Lauchhammer-West


 

Glocke am Bahnhof Lauchhammer-West; Foto: Wolfgang Miertzsch 2009

2007 erhielt die Kunstgießerei Lauchhammer den Auftrag, zwei neue Glocken für die Paul-Gerhardt-Kirche in Dresden-Gittersee zu gießen. Die 1930 erbaute Kirche hatte ein dreistimmiges Bronzegeläut vom Erfurter Glockengießer Christian Störmer. Die beiden größeren Glocken wurden im II. Weltkrieg für die Rüstung eingeschmolzen. Die kleine Glocke ist noch vorhanden.

In den 50er Jahren wurden als Ersatz zwei Eisenhartgussglocken von Schilling & Lattermann in Morgenröthe im Auftrag der Glockengießerei Schilling, Apolda, gegossen. Fünfzig Jahre später hatten sie ausgedient. Sie sollten wieder durch Bronzeglocken ersetzt werden. Die verbliebene Störmer-Glocke hat den Ton cis“, die beiden neuen waren mit den Tönen ais´ und dis“ beauftragt.

Die ais´-Glocke wurde am 11. Mai 2007 gegossen und gelang. Der Guss der dis“-Glocke erfolgte am 16. Mai 2007. Der Ton war nicht wunschgemäß getroffen. Sie kam zu tief aus dem Guss und konnte nicht korrigiert werden, sodass ein Neuguss erforderlich wurde, der am 21. August 2007 erfolgte und gelang.

Daten der drei neu gegossenen Glocken:

                                                    Glocke ais´           Glocke dis“ (1.Versuch)       Glocke dis“

Gussdatum                                  11.5.2007                 16.5.2007                           21.8.2007

Glocken-Nr.                                     L 523                       L 524                                  L 555

Durchmesser Soll (mm)                 872                            706                                      660

Durchmesser Ist (mm)                   865                            700                                      661

Gewicht Soll (kg)                            391                            213                                      179

Gewicht Ist (kg)                              400                            200                                      180

Schlagton                                        ais´-4/16 HT             dis“-10/16 HT                     dis“-4/16 HT

Rippe                                               LBL                             LBS                                    LBN

Die Ursache für den zu tiefen Ton der Glocke könnte die Rippe gewesen sein. Sie wurde beim Neuguss geändert und um eine Rippe leichter angelegt. Die Rippen der Kunstgießerei wurden von der Partnerfirma Rincker aus Sinn vorgegeben und die Schablonen entsprechend gezeichnet. Es kann aber auch sein, dass die Gießtemperatur zu niedrig war, denn das kann zur Folge haben, dass die Glocken im Ton tiefer werden.

Auf der Glocke, welche einen zu tiefen Ton hatte, wurden folgende Inschriften angebracht:

Avers:    EHRE SEI GOTT IN DER HÖHE

Revers:  PAUL-GERHARDT-GEMEINDE – LAUCHHAMMER A.D. 2007

Ansicht der beiden Seiten der Glocke; Foto: Wolfgang Miertzsch 2009

Die erste Zeile (Paul-Gerhardt-Gemeinde) wurde weggeschliffen, ehe die Glocke an die Stadt Lauchhammer verkauft wurde. Die damalige Bürgermeisterin Elisabeth Mühlpforte wollte die Glocke als Begrüßung in der Glockengießerstadt Lauchhammer für den Bahnhofsvorplatz haben.

Die Glocke wurde mit einem Stapler dorthin gebracht und dann mit einer unten aufgespreizten Stahlstange in den noch flüssigen Beton des Sockels abgesenkt und so befestigt. Die dann später neu gegossene Glocke erhielt die gleichen Inschriften.

Gut sichtbar für alle Zugreisenden neben dem in 2022 ungenutzten Bahnhofsgebäude des Bahnhofs in Lauchhammer-West steht die Bronzeglocke auf einem quadratischen aus hellem Beton gegossenen Sockel. Der Sockel hat eine Höhe von ungefähr 140 Zentimeter, die Seitenlänge beträgt 80 Zentimeter. Ebenfalls in quadratischer Form ist dieser Sockel umgeben mit einer aus dunklen Klinkern gemauerten Bank, welche mit Holz belegt ist. Die Glocke weist die bereits beschriebenen Inschriften auf. Die Buchstaben sind innerhalb von drei die Glocke horizontal umfassenden Linien angebracht. Jeweils eine weitere Linie ist in Höhe des Schlagringes und in Höhe der Haube angebracht. In die obere Linie fügt sich beidseitig über der Schrift ein Kreuz mit gleichlangen Balken ein. Auf einer Seite befindet sich im unteren Bereich der Glocke das Gießereizeichen „LR“. Die sechs Henkel der Krone sind radial angeordnet. Diese Glocke ist in Form, Material und Dekor beispielhaft für die Glockenproduktion in Lauchhammer in den Jahren von 1994 bis 2017.


 

Kuratorin Antje Bräuer